Freitag, den 30. Oktober 2020 um 04:17 Uhr

Experiment bildet Elektronentransfer im Molekül ab

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena entwickeln in dem neuen Projekt "Multiskalen Pump-Pump-Probe-Spektroskopie zur Charakterisierung mehrschrittiger Elektronentransferkaskaden" (kurz: "Multiscale P3S") eine bisher einzigartige Untersuchungsmethode, um genau unter die Lupe zu nehmen, was in einem Molekül passiert, wenn es von Licht angeregt wird.

Licht kann chemische Reaktionen auslösen. Dieses Phänomen ist in der Natur - beispielsweise während der Photosynthese der Pflanzen - allgegenwärtig. Künstlich ausgelöst und technologisch genutzt, bietet es großes Potenzial für Anwendungen im Bereich erneuerbarer Energien. Doch dafür ist es notwendig, sämtliche Einzelschritte eines photokatalytischen Prozesses, wie beispielsweise die Wasserspaltung, abzubilden und genau zu verstehen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena entwickeln deshalb in dem am 1. November startenden Projekt „Multiskalen Pump-Pump-Probe-Spektroskopie zur Charakterisierung mehrschrittiger Elektronentransferkaskaden“ (kurz: „Multiscale P3S“) eine bisher einzigartige Untersuchungsmethode, um genau unter die Lupe zu nehmen, was in einem Molekül passiert, wenn es von Licht angeregt wird. Unterstützt werden sie dabei vom Thüringer Wissenschaftsministerium, das das Projekt mit 400.000 Euro finanziert.

Was passiert mit einem Molekül bei Anregung durch Licht?

„Um Materialien zu gestalten, die Licht absorbieren und mit der so aufgenommenen Energie eine chemische Reaktivität auslösen, müssen wir im Vorfeld solche Systeme genau charakterisieren“, erklärt der Projektleiter Prof. Dr. Benjamin Dietzek von der Universität Jena. „Das heißt, wir müssen zum einen ihre molekularen Strukturen erfassen und zum anderen ihre Funktionalität beobachten und die einzelnen Prozessschritte verfolgen, die ein Molekül dazu veranlassen, nach Lichtabsorption seine Struktur so zu verändern, dass es beispielsweise Wassererstoff als Energieträger aus Wasser entwickeln kann.“

Ein etabliertes Mittel, um diese schnellen intra- und intermolekularen Prozesse abzubilden, sind spektroskopische Untersuchungen – etwa die sogenannte Pump-Probe-Spektroskopie. Dabei wird ein Molekül mit einem kurzen Laserpuls angeregt. Durch die Aufnahme des Lichts ändert sich die molekulare Struktur und somit auch die Farbe des Moleküls. Das veränderte Farbspektrum wird durch einen zweiten Laserpuls aufgenommen und gemessen. „So verfolgen wir, dass im Molekül eine Ladungsverschiebung stattfindet“, sagt Dietzek, der auch am Leibniz-Institut für Photonische Technologien tätig ist. „Für die Spaltung von Wasser allerdings braucht es mehr als einen solchen Elektronentransfer und somit komplexere Prozesse innerhalb des Moleküls.“

Elektronentransfer in Echtzeit

Um dieser Komplexität in Experimenten gerecht zu werden, wollen die Jenaer Chemiker deshalb im Rahmen des Projektes „Mulitscale P3S“ die Methode der Pump-Pump-Probe-Spektroskopie realisieren. Hierbei wird das Molekül durch zwei aufeinanderfolgende Laserpulse angeregt. Dabei lässt sich nicht nur ein einzelner Schritt im Inneren des Moleküls verfolgen, sondern mehrere Phasen des gesamten Prozesses der mehrschrittigen intra- und intermolekularen Ladungsdichteumverteilung. Das Besondere der Jenaer Entwicklung ist es, die Intervalle der beiden Anregungspulse und des Abfragepulses so zu variieren, dass Vorgänge über ganz verschiedene Zeitskalen – von wenigen Piko- bis Mikrosekunden – untersucht werden können. „Somit können wir den Prozess des Elektronentransfers – also der Ladungsverschiebung – innerhalb eines Moleküls erstmals in Echtzeit innerhalb eines Experiments verfolgen und erfahren, was das Molekül dazu befähigt, Elektronen an einen Reaktionspartner abzugeben oder von ihm aufzunehmen“, sagt der Jenaer Chemiker.

„Mit dieser Entwicklung können wir solche intrinsischen chemischen Prozesse, die über ganz verschiedene Zeitschienen ablaufen, abbilden und beobachten“, sagt Dietzek. „Durch einen solchen Ausbau der wissenschaftlichen Infrastruktur, der den Forschungsstandort Thüringen erheblich stärkt, verstehen wir viel besser, wie Photokatalysatoren und katalytisch aktive Materialien, die im Sonderforschungsbereich „CataLight“ mit Kollegen aus Jena und Ulm untersucht werden, funktionieren und wie Strukturänderungen innerhalb dieser Systeme die Reaktivität verändern und sie somit effizienter gestaltet werden können.“


Den Artikel finden Sie unter:

https://www.uni-jena.de/201028_Elektronentransfer+

Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena (10/2020)

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