Freitag, den 24. Juli 2015 um 05:15 Uhr

Wissenschaftsforum Chemie 2015 in Dresden: Ausgezeichnete Vorträge und Arbeiten in der Analytik

Den Fresenius-Preis der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) erhält in diesem Jahr Professor Dr. Renato Zenobi von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Der Preis würdigt besondere Verdienste um die wissenschaftliche Entwicklung und um die Förderung der analytischen Chemie und wird am 1. September anlässlich des GDCh-Wissenschaftsforums Chemie 2015 in Dresden verliehen. Im Anschluss bietet die GDCh-Fachgruppe Analytische Chemie die Session „Analytik verbindet“ an – in Anlehnung an das Motto des Wissenschaftsforums „Chemie verbindet“.

Renato Zenobi wird wegen seiner Beiträge zur nanoskaligen Analytik, verbunden mit der Entwicklung mikroskopischer und spektroskopischer Methoden und deren Kombination mit der Massenspektrometrie, von der GDCh ausgezeichnet. So demonstrierte er im Jahr 2000 als Erster die Tip-Enhanced Raman Spectroscopy (TERS), also die spektroskopische Untersuchung der oberflächenverstärkten Raman-Streuung in Kombination mit der Rasterkraftmikroskopie, mit der sich eine Auflösung im niedrigen Nanometerbereich erzielen lässt. Ihm gelang es auch, die optische Nahfeldmikroskopie mit der Laserablations-Massenspektrometrie zu koppeln und so chemische Analytik mit hohem Informationsgehalt auf der Nanometerskala zu realisieren.

Zenobi studierte an der ETH Zürich Chemie. Für seine Doktorarbeit ging er an die Stanford University (Kalifornien). Nach Postdoc-Aufenthalten in den USA kehrte er in die Schweiz zurück, zunächst an die École Polytechnique Fédérale de Lausanne, dann an die ETH Zürich, wo er seine Laufbahn 1995 als Assistenzprofessor fortsetzte. Der jetzt 54-Jährige ist seit 2000 ordentlicher Professor für Analytische Chemie am Laboratorium für Organische Chemie.

Krebsdiagnostik, Designerdrogen, Sternen- und Kometenstaub
Auf den geradezu explosionsartigen Anstieg der Raman-Spektroskopie-Anwendungen, insbesondere zur Lösung biomedizinischer Fragestellungen, macht Professor Dr. Jürgen Popp, Jena, in seinem Vortrag aufmerksam. Raman-basierte Verfahren konnten erfolgreich brennende Fragen zu neuen Konzepten in der Krebsdiagnostik oder zur schnellen Erkennung von Sepsis-Erregern beantworten. Die Raman-Verfahren, unter ihnen auch TERS, messen kontaktfrei, liefern Informationen über molekulare Prozesse in Zellen und Gewebe und können auf biologische Proben unterschiedlicher Größen – von der DNA bis zu Organen – angewandt werden. So gelingt der schnelle Vor-Ort-Nachweis einzelner Mikroorganismen, beispielsweise pathogener Keime, die automatische Klassifizierung und Sortierung von Zellen, beispielsweise von im Blut zirkulierenden Tumorzellen, sowie die objektive Beurteilung von Gewebeschnitten, etwa zur Frühdiagnose von Krebs oder In-vivo-Untersuchungen der chemischen Zusammensetzung von ateriosklerotischen Ablagerungen.

Für die medizinische Diagnostik zunehmend interessant werden Atemgasanalysen. So konnte bereits gezeigt werden, dass zwischen der Cholesterol-Biosynthese und der Konzentration von Isopren in der ausgeatmeten Luft ein Zusammenhang besteht. In Dresden werden kompakte Messgeräte vorgestellt, die Atemluft mit geringsten Konzentrationen flüchtiger Substanzen im ppm- und sogar ppb-Bereich (parts per million/parts per billion) detektieren können, nämlich mit Gassensoren, die mit Infrarotlicht aus winzig kleinen Laserlichtquellen arbeiten. Auch für Umweltanalysen eignen sich diese kleinen Messgeräte hervorragend, beispielsweise um im städtischen Bereich Abgas- oder Rauchfahnen auf schädliche Stoffe zu untersuchen.

Bei der Session der GDCh-Fachgruppe Analytische Chemie kommt in zwei Vorträgen auch das Bundeskriminalamt zu Wort. So wird erläutert, wie analytische Methoden genutzt werden, um die Ermittler bei der Aufklärung von Straftaten in Zusammenhang mit Explosivstoffen zu unterstützen. Sprengstoffattentäter verwenden oft selbst hergestellte oder illegal erworbene explosive Stoffe, die es zu detektieren gilt. Im zweiten Vortrag geht es um Herausforderungen für die instrumentelle Analytik im Designerdrogen-Dschungel. Seit dem Aufkommen des als „Räuchermischung“ vertriebenen Designerdrogenprodukts „Spice“ wurde der Markt mit einer ständig steigenden Zahl so genannter Neuer Psychoaktiver Stoffe überschwemmt. Deklariert werden diese vielfach verharmlosend als „Badesalz“ oder „Raumlufterfrischer“. Für das Jahr 2014 meldete die europäische Drogenbeobachtungsstelle eine Zahl von über 100 neuen Designerwirkstoffen. Daraus ergeben sich instrumentell-analytische Herausforderungen für die Labore von Polizei, Zoll und Rechtsmedizin. Die Verfahren der Routineanalytik – meist Gas- oder Flüssigchromatographie gekoppelt mit der Massenspektrometrie – müssen ständig angepasst werden.

Ganz andere Anforderungen werden an die Dopinganalytik gestellt. Die Zielsetzung einer Leistungssteigerung im Sport kann durch verschiedenste pharmakologische Wirkprinzipien angestrebt werden, d.h. die Analytiker haben es mit einer breiten und heterogenen Palette von Zielsubstanzen zu tun, die eine Kombination verschiedenster Analysenverfahren erfordert. Außerdem interessiert nicht nur die akute Einnahme oder Wirkung einschlägiger Substanzen, sondern auch eine länger zurückliegende Manipulation. Die Dopinganalytik muss sich zunehmend um den Nachweis kleinster Mengen von Langzeitmetaboliten kümmern. Eine analytische Herausforderung ist dabei auch die Unterscheidung, ob ein Hormon tatsächlich nur im Körper gebildet oder ob es missbräuchlich von außen zugeführt wurde.

Neben einem Beitrag zur Tiefseeastronomie, der Chemie mit Sternenstaub aus Tiefseesedimenten, der in eine Zeit von 1,7 bis 3,2 Millionen Jahren zurückführt, dürfte besonders der Bericht über die in jüngster Zeit durchgeführte Kometenmission Rosetta die Tagungsteilnehmer faszinieren. Mit dem Landegerät Philae wurde es möglich, analytisch-chemische Experimente auf dem Kern eines Kometen durchzuführen. Die Daten zur Zusammensetzung des Kometenkerns, erhalten von einem Massenspektrometer, gekoppelt an einen Gaschromatographen, werden in Dresden vorgestellt und interpretiert.

Prozessanalytik: Vorträge und Preisverleihungen
Eine weitere Session der GDCh-Fachgruppe Analytische Chemie befasst sich mit „Zeitgemäßer Bioprozessanalytik – Methoden für schnellere Prozessentwicklung und robuste Bio-Prozesse“. In der instrumentellen Bioprozessanalytik gilt es, eine Vielzahl an physiologischen, mikrobiellen und chemischen Bioprozessvariablen in Echtzeit zu erfassen. Im Fokus stehen dabei Daten- und Informationsmanagement sowie die Implementierung von modellbasierten Methoden. Ferner wird diskutiert, welche spektroskopischen Methoden sich für die biotechnologische Produktion eignen und welche Anforderungen die Lebensmitteltechnologie an die Prozessautomatisierung stellt.

Im Rahmen der Session wird der Prozessanalytik-Award des in der Fachgruppe angesiedelten Arbeitskreises Prozessanalytik verliehen. Er wird in diesem Jahr zweimal vergeben und geht an Betina Kessler, Technische Universität München, für ihre Masterarbeit „Multikomponentenanalyse von Energy Drinks mit Hilfe multimodaler optischer Spektroskopie und chemometrischer Verfahren“ und an Karin Wieland, Technische Universität Wien, für ihre Diplomarbeit „Hyperspektrale Bildgebung von Zellfäden und Sporen von Penicillium chrysogenum mit Hilfe der konfokalen Raman-Mikrospektroskopie“.

Weitere Informationen zum GDCh-Wissenschaftsforum Chemie unter www.wifo2015.de.


Den Artikel finden Sie unter:

https://www.gdch.de/service-information/oeffentlichkeitsarbeit/pressenotizen.html#c20418

Quelle: Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. (GDCh)  (07/2015)

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