Montag, den 15. Mai 2017 um 09:48 Uhr

Partikel fangen mit Ultraschall

Wie kann man lebende Zellen in einer Flüssigkeit festhalten um sie zu untersuchen? Am besten mit stehenden Ultraschallwellen. Die TU Wien präsentiert auf der Messe „Labvolution“ erstmals dem interessierten Fachpublikum zwei kleine Add-On-Geräte, die bestehende Sensor-Messsysteme deutlich verbessern.

Immer häufiger werden Mikroorganismen industriell eingesetzt, um chemische Stoffe zu synthetisieren. Um genau überwachen zu können, ob die Kleinstlebewesen ihre Arbeit auch tatsächlich ordnungsgemäß erledigen, muss man sie zunächst an der richtigen Stelle festhalten. Das gelingt mit Hilfe einer Ultraschalltechnik, die an der TU Wien entwickelt wurde. Bei der internationalen Biotechnik- und Labormesse „Labvolution“ in Hannover stellt das Team der TU Wien nun die neue Technologie vor, die sich als einfache Add-Ons mit einer bestehenden Process Analytical Technology (PAT) kombinieren lassen.

Infrarot und Ultraschall

Die Bioreaktoren, in denen man Mikroorganismen industriell einsetzt, sind alles andere als eine ruhige Umgebung zum vorsichtigen Experimentieren: „Die Mikroorganismen befinden sich in einer Flüssigkeit, die ständig gerührt wird. Eine direkte Analyse der Mikroorganismen ist oft schwierig“, erklärt Prof. Bernhard Lendl vom Institut für Chemische Technologien und Analytik der TU Wien. „Eine Möglichkeit ist die ATR-Spektroskopie, bei der man die Mikroorganismen mit Infrarot-Licht analysiert.“

Das gelingt aber nur dann, wenn man die Mikroorganismen nahe am Infrarot-Messgerät festhält und gleichzeitig verhindert, dass sie an der Sonde des Messgerätes festkleben. Genau das wird nun mit Hilfe der Ultraschall-Technologie möglich, die Prof. Bernhard Lendl gemeinsam mit Dr. Stefan Radel aus der Forschungsgruppe von Prof. Ewald Benes an der TU Wien entwickelte.

Zwischen einem Ultraschall-Lautsprecher und einem Reflektor wird direkt im Bioreaktor eine stehende Schallwelle erzeugt. Dort, wo sich Wellenberge befinden, ändert sich der Schalldruck Millionen mal pro Sekunde – dadurch werden die Zellen aus diesen Bereichen weggedrückt. An den Knotenpunkten hingegen bleibt der Schalldruck konstant, und genau dort sammeln sich die Zellen an.

Genauer, einfacher, flexibler

Das bietet eine ganze Reihe von Vorteilen: Man kann die Schallwellen des etwa zigarrengroßen Gerätes „Sonic-catch“ dazu verwenden, gezielt biologische Partikel im Messbereich anzulagern oder aber fern zu halten. Man kann so entweder die Mikroorganismen selbst untersuchen, oder stattdessen die wässrige Lösung analysieren, in der sie sich befinden. Selbst lebende Zellen werden durch den Ultraschall nicht geschädigt – der Prozessablauf wird durch die Messtechnik also nicht gestört. Durch gezielte kurze Ultraschall-Pulse kann „Sonic-wipe“ die Sonde des Infrarot-Messgerätes bei Bedarf reinigen, ohne dass man sie aus der Bio-Lösung herausnehmen oder mit zusätzlichen Chemikalien behandeln müsste.

„Die Ultraschall-Technik ermöglicht eine erhöhte Messgenauigkeit, eine höhere Empfindlichkeit bei geringeren Teilchenkonzentrationen und Echtzeitmessungen und somit gezielte Prozesssteuerung, selbst bei schwierigen Bedingungen. Bei einem häufig eingesetzten Messverfahren haben wir eine Erhöhung der Empfindlichkeit um den Faktor 100 festgestellt“, sagt Dr. Stefan Radel.


Neben dieser Innovation werden auf der Labvolution/ Biotechnica (von 16. bis 18.5. in Hannover) von der TU Wien zwei weitere Weltneuheiten auf dem Gemeinschaftsstand "Forschung für die Zukunft" in Halle 19/20 – Stand C66 vorgestellt:
  • "Hot & Sour – die Bioraffinerie der Zukunft" vereint die Vorteile von Ganzzellen mit enzymatischen und chemischen Katalysatoren in einem einstufigen Hybrid-Bioprozess. Dieses Verfahren ermöglicht die Gewinnung wertvoller Produkte aus organischen Abfallströmen zu wirtschaftlich profitablen Bedingungen.
  • Neueste "Lab-on-a-Chip"-Technologien der TU Wien ermöglichen individualisierte biomedizinische Diagnostik und Therapie, welche die körperlichen Parameter der Einzelperson berücksichtigen und nicht mehr auf Wirksamkeitsprognosen von Medikamenten angewiesen sind, die auf stark nivellierenden statistischen Mittelwerten beruhen. Unter anderem wird der erste Bio-Chip für die Wundheilung vorgestellt.

Den Artikel finden Sie unter:

http://www.tuwien.ac.at/aktuelles/news_detail/article/124957/

Quelle: Technische Universität Wien (05/2017)

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