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Donnerstag, den 02. April 2020 um 04:17 Uhr

Funktion von RNA-Molekülen bei der angeborenen Immunität

Ein fester Stand ermöglicht wirkungsvolle Gegenschläge: Was beim Boxen gilt, lässt sich auch auf die körpereigene Abwehr von Krankheitserregern übertragen – das legen zumindest die neuesten Erkenntnisse eines medizinischen Forschungsteams aus Marburg und Berlin nahe. Demnach stabilisieren RNA-Kettenmoleküle die Arbeitsplattform, von der aus die Immunabwehr operiert, um Krankheitserreger zu bekämpfen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler berichten in der aktuellen Ausgabe des Forschungsmagazins PNAS über ihre Ergebnisse.

Die Immunabwehr ist eine zweischneidige Angelegenheit: Einerseits soll sie schädliche Eindringlinge abwehren, andererseits darf sie nicht durch überschießende Reaktionen das körpereigene Gewebe schädigen. Im Gedränge der Proteine, das im Inneren der Körperzelle herrscht, fällt es nicht leicht, die Balance zu halten. „Umso wichtiger ist die räumliche Koordination der beteiligten Moleküle“, erklärt Juniorprofessor Dr. Leon Schulte von der Philipps-Universität Marburg, der die Forschungsarbeit leitete. „Dennoch war darüber bisher nur wenig bekannt.“

Um das zu ändern, fahndete die Forschungsgruppe systematisch nach RNA-Molekülen, die in Proteinkomplexen verortet sind. Unter RNA versteht man Kettenmoleküle, die in ihrer chemischen Zusammensetzung der Erbsubstanz DNA ähneln; RNA bildet kürzere Ketten und übt viele verschiedene Funktionen in der Zelle aus. Das Team um Schulte konzentrierte sich auf eine Untergruppe, nämlich auf so genannte lncRNA-Moleküle, die keine Baupläne für Proteine enthalten, also nicht bei der Herstellung der Eiweißverbindungen gebraucht werden.

Die Forschungsgruppe verwendete für ihre Untersuchung menschliche Immunzellen, deren Inhalt sie mit einer Spezialzentrifuge schleuderte, so dass sich die Bestandteile in Schichten ablagerten, abhängig von ihrer jeweiligen Masse. „Im krassen Gegensatz zu anderen RNAs verteilten sich die von uns untersuchten lncRNA-Moleküle über alle Schichten“, berichtet Erstautorin Marina Aznaourova, die ihre Doktorarbeit in Schultes Labor angefertigt hat. „Diese lncRNAs lagerten sich im Verbund mit verschiedenen Proteinkomplexen ab.“

Auf diese Weise entdeckte das Team, dass das RNA-Molekül MaIL1 zu einem Komplex gehört, der sich um das Protein Optineurin anlagert und als Ausgangspunkt für Immunreaktionen fungiert. Um MaIL1 näher zu charakterisieren, schalteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Molekül in Immunzellen aus. Das Ergebnis: Fehlt MaIL1, so behindert dies die Produktion des Proteins Interferon, das zur Abwehr von Viren und Bakterien beiträgt.

Die Forschungsgruppe hat ein Modell vorgelegt, demzufolge MaIL1 die Arbeitsplattform stabilisiert, die Optineurin mit weiteren Molekülen bildet. Welche Bedeutung dem RNA-Molekül für die Gesundheit zukommt, erforschte das Team an Patienten, die unter Entzündungen der Atemwege leiden: Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler feststellten, weisen die Betroffenen eine erhöhte MaIL1- Produktion auf.

„Unsere Ergebnisse schließen eine große Lücke im Verständnis der angeborenen Immunität beim Menschen“, fasst Studienleiter Schulte zusammen. Die Befunde lassen dem Autorenteam zufolge vermuten, dass es noch weitere ähnliche RNA-Moleküle gibt, die in anderen Proteinnetzwerken vorkommen und dort vergleichbare Funktionen erfüllen.


Den Blog finden Sie unter:

https://www.uni-marburg.de/de/aktuelles/news/2020/immunabwehr-rna-gewaehrt-standfestigkeit

Quelle: Philipps-Universität Marburg (03/2020)


Publikation:
Marina Aznaourova & al.: Noncoding RNA MaIL1 is an integral component of the TLR4–TRIF pathway PNAS (2020)

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