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Freitag, den 08. September 2017 um 07:45 Uhr

"Fehlender" Kohlenstoff in der Atmosphäre aufgespürt

Luftqualität und Klima werden durch chemische Prozesse in der Atmosphäre beeinflusst, biogenem Kohlenstoff kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung von Innsbrucker Physikern präsentiert nun im Fachmagazin Nature Geoscience erstmals eine Gesamtschau der organischen Kohlenstoffe in der Atmosphäre über einem Waldgebiet in den USA. Ein Drittel der Gesamtmenge besteht demnach aus bisher nicht gemessenen Verbindungen.

Im Sommer 2011 versammelte das National Center for Atmospheric Research in den USA die modernsten Messinstrumente in Colorado, um dem gesamten aus biologischen Quellen stammenden Kohlenstoff in der Atmosphäre auf die Spur zu kommen. Mit dabei waren Forscher der Universität Innsbruck. Sie installierten ihre elektronische Spürnase - ein hoch spezialisiertes Gerät zur Messung von flüchtigen organischen Verbindungen - am Fuß eines 26 Meter hohen Messturms. Der Feldversuch fand in einem weitgehend unberührten Kiefernwald in den Rocky Mountains statt. Das Innsbrucker Team um Armin Hansel und Thomas Karl arbeitete mit einem Protonen-Tausch-Reaktions-Time-of-Flight-Massen-Spektrometer (PTR-ToF-MS), mit dem sich zeitlich hoch aufgelöste Messungen durchführen lassen und das die Kohlenstoffflüsse in der Atmosphäre aufzeichnen kann. Dieses Gerät wurde in Innsbruck entwickelt und kam bei dem Feldversuch zum ersten Mal zum Einsatz. „Das PTR-TOF-MS kann winzigste Mengen organischer Spurenstoffe in der Luft messen“, erklärt Armin Hansel vom Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik der Universität Innsbruck. Es eignet sich daher besonders, um die von den Bäumen abgegebenen Kohlenstoffverbindungen zu erfassen. Denn bei der Photosynthese wird rund ein Prozent des von der Pflanze aufgenommenen Kohlendioxids als flüchtige organische Verbindungen wieder in die Atmosphäre abgegeben. „Mit unserer Methode können wir diese flüchtigen Spurenstoffe besonders gut messen, während die anderen Instrumente eher auf die weniger volatilen Verbindungen spezialisiert waren“, erzählt Armin Hansel.

Den Luftströmungen folgen
Mit einer speziellen Messmethode – dem sogenannten Eddy-Covariance-Verfahren – konnten die Innsbrucker Forscher die Konzentration der verschiedenen Kohlenstoffverbindungen laufend überwachen. Dazu wurden pro Sekunde bis zu zehn Messungen durchgeführt und die Daten später mit der Windgeschwindigkeit korreliert. „Auf diese Weise können wir die Luftbewegungen in der Atmosphäre analysieren und den Transport der Kohlenstoffverbindungen quasi in Zeitlupe mitverfolgen“, sagt Thomas Karl vom Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften. So ermittelten die Forscher je nach Windrichtung die über einem bestimmten Waldgebiet vorhandenen flüchtigen Kohlenstoffverbindungen. Die am häufigsten gemessenen chemischen Substanzen waren dabei Monoterpene und 2-methyl-3-buten-2-ol. Die Terpene sind für den in Nadelwäldern charakteristischen Geruch verantwortlich.

Reaktionsprodukten auf der Spur
Aus den Daten konnten die Forscher auch ablesen, was mit den von den Bäumen emittierten Kohlenstoffen in der Atmosphäre passiert. „Wir wollten wissen, welche Verbindungen die Kohlenstoffe eingehen und wie nach und nach immer weniger flüchtige Moleküle entstehen, die später an Aerosolen anhaften oder am Boden und an Pflanzen kondensieren.“ Das ist keine leichte Aufgabe, denn diese Kohlenstoffverbindungen bilden sehr viele unterschiedliche Oxidationsprodukte. Die Forschungsarbeit liefert nun erstmals ein detailliertes Bild, was der Nadelwald an organischem Kohlenstoff abgibt, wie dieser in der Atmosphäre oxidiert wird und wo er am Ende landet. Überraschender Weise macht der Anteil der bisher nicht gemessenen Kohlenstoffverbindungen ein ganzes Drittel der insgesamt erfassten Menge aus. Damit ist die Grundlage geschaffen, um erstmals ein messungsbasiertes Budget für den lokalen organischen Kohlenstoffhaushalt zu erstellen.


Den Artikel finden Sie unter:

https://www.uibk.ac.at/newsroom/fehlender-kohlenstoff.html.de

Quelle: Universität Innsbruck (09/2017)

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