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Montag, den 17. Oktober 2011 um 05:27 Uhr

Die Kombination von Bitterstoffen könnte für die Intensität des Bittergeschmacks entscheidend sein

Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) haben in Zusammenarbeit mit italienischen Forschern der Universität Piemont erstmals zwei natürliche Substanzen aus Wermutgewächsen isoliert, die Bitterstoff und Bitterblocker in einem sind. Sie aktivieren einige der 25 Bittergeschmacks-Rezeptoren, hemmen aber gleichzeitig andere Bittersensoren, so dass diese von bestimmten Bitterstoffen nicht mehr oder nur schwach aktiviert werden. Als Folge nimmt die Intensität des "Bittersignals" ab. Die Studie legt damit nahe, dass nicht nur die Gesamtmenge der Bitterstoffe für die Intensität des Bittergeschmacks einer Speise entscheidend ist, sondern auch deren Art und Kombination.

Hierfür spricht auch das folgende Geschmacksphänomen: Genießt man zum Beispiel, wie in Italien üblich, den intensiv bitter schmeckenden Honig des Erdbeerbaums (Arbutus unedo) zusammen mit Roquefort-Käse, der ebenfalls über eine Bitternote verfügt, so verringert sich die Bitterkeit beider Speisen. Die Forscher gehen daher davon aus, dass es noch eine Vielzahl weiterer Bitterstoffe in der Natur gibt, die Bitterblocker und Bitterstoff in einem sind.

Das Wissenschaftlerteam um Erstautorin Anne Brockhoff und Studienleiter Wolfgang Meyerhof vom DIfE veröffentlichte nun die Ergebnisse in der Fachzeitschrift The Journal of Neuroscience (Brockhoff, A. et al. 2011; DOI:10.1523/JNEUROSCI.2923-11.2011).

Der Mensch verfügt über 25 verschiedene Bitterrezeptortypen, mit denen er tausende natürliche, synthetische und bei der Nahrungsmittelherstellung und –reifung entstehende Bitterstoffe erkennt. Dies ist ein großer Unterschied zum Süßgeschmack. Denn Süßes nimmt der Mensch nur mit einem einzigen Rezeptortyp wahr.

Wie die Geschmacksforscher um Wolfgang Meyerhof bereits vor etwa einem Jahr zeigen konnten, erkennen einige der Bitterrezeptoren eine breite Palette von bitteren Substanzen, während andere nur auf wenige Bitterstoffe reagieren. Jeder Rezeptor besitzt somit sein eigenes Bitterstoffprofil, das sich teilweise mit den Profilen der anderen Bitterrezeptoren überlappt.

In der neuen Studie konnte das Forscherteam nun mit Hilfe einer Art künstlichen Zunge* zeigen, dass die beiden aus Wermutgewächsen isolierten Substanzen unter anderem einen Rezeptortyp hemmen, der sehr viele, strukturell unterschiedliche Bitterstoffe erkennt. War der Rezeptor durch einen der beiden natürlichen Bitterblocker gehemmt, konnten weder Absinthin noch giftige Bitterstoffe wie Strychnin den Rezeptor aktivieren, was normalerweise der Fall gewesen wäre. Paradoxer Weise waren die beiden Bitterblocker aber auch selbst in der Lage, andere Bitterrezeptoren zu aktivieren.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass es durchaus Sinn macht, dass sich so viele verschiedene Bitterrezeptortypen mit einem überlappenden Bitterstoff-Erkennungsprofil beim Menschen entwickelt haben", sagt Meyerhof, Leiter der Abteilung Molekulare Genetik am DIfE. "Denn gäbe es nur eine Art Bitterrezeptor, der durch natürliche Substanzen geblockt werden könnte, wären Vergiftungen durch andere Bitterstoffe sehr viel leichter möglich. In Evolutionsmaßstäben gedacht wäre dies ein klarer Selektionsnachteil**." Die Studie wirft aber auch neue Fragen auf, welche die Wissenschaftler hoffen, eines Tages beantworten zu können. So die Frage, welche Rolle die natürlichen Bitterblocker für die Evolution der menschlichen Bitterrezeptoren gespielt haben oder warum die beiden Bitterblocker ausgerechnet in Wermutgewächsen gefunden wurden, die sehr viele Bitterstoffe enthalten und zu den bittersten Pflanzen gehören.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.dife.de/de/index.php?request=/de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen.php

Quelle: Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) (10/2011)

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