Volltextsuche

Top Suchbegriffe



Mittwoch, den 16. Juli 2014 um 08:01 Uhr

Ötzis "nichtmenschliche" DNA entschlüsselt

Der Bioinformatiker Thomas Rattei von der Universität Wien hat gemeinsam mit einem Bozner ForscherInnenteam die nichtmenschliche DNA des "Mannes aus dem Eis" analysiert und Hinweise für den Parodontose-Erreger Treponema denticola gefunden. Die Studienergebnisse wurden in PLOS ONE veröffentlicht.

Ötzis menschliches Erbgut ist entschlüsselt. Doch die 0,1 Gramm leichte Probe aus dem Beckenknochen der 5.300 Jahre alten Mumie gibt noch viel mehr her: Ein ForscherInnenteam der EURAC, der Europäischen Akademie Bozen, und der Universität Wien hat auch die nichtmenschliche DNA in der Probe analysiert. Die WissenschafterInnen fanden Hinweise für den Parodontose-Erreger Treponema denticola, und bekräftigten somit auf DNA-Ebene die CT-Diagnose aus dem Vorjahr, die dem Mann aus dem Eis Parodontitis bescheinigte.

Neue Wege gehen

Vieles, was wir über Ötzi wissen – über sein Aussehen etwa oder seine Laktoseintoleranz –, geht auf eine winzige Knochenprobe zurück, dank der sein menschliches Erbgut entschlüsselt werden konnte. "Neu ist jetzt, dass wir keine zielgerichtete DNA-Analyse durchgeführt, sondern vielmehr untersucht haben, was überhaupt alles an DNA da ist, wie viel und welche mögliche Funktion jeweils damit verbunden ist", beschreibt Frank Maixner vom Bozner EURAC-Institut für Mumien und den Iceman den neuen Weg, den das Forscherteam eingeschlagen hat.

Nichtmenschliche DNA stammt von Bakterien

"Diese 'nichtmenschliche' DNA stammt großteils von Bakterien, die in und auf unserem Körper leben, was an und für sich nicht bedenklich ist. Erst das Zusammenspiel bestimmter Bakterien oder ein Ungleichgewicht in dieser Bakteriengemeinschaft kann jedoch zu Krankheiten führen. Daher ist es wichtig, die Zusammensetzung der bakteriellen Gemeinschaft im DNA-Gemisch zu rekonstruieren", sagt der Bioinformatiker Thomas Rattei vom Department für Computational Systems Biology der Universität Wien.

5.000 Jahre alte Parodontose-Erreger

Die große Anzahl eines ganz bestimmten Bakteriums in der Probe stach dem Team aus MikrobiologInnen und Bioinformatikerinnen ins Auge: Treponema denticola, ein Erreger, der unter anderem in der Entstehung von Parodontose involviert ist. Damit unterstützt dieser Befund die Diagnose zu Ötzis Zahnproblemen, die ForscherInnen anhand einer Computertomographie im Vorjahr gestellt hatten. Die erstaunliche Erkenntnis in diesem Fall ist jedoch, dass die Analyse der winzigen Knochenbiopsie 5.300 Jahre später noch nachweisen kann, dass sich der Erreger über den Blutstrom aus dem Mund bis in den Beckenknochen verbreitet hat. Weitere Untersuchungen zeigen, dass es sich um alte Bakterien handelt, die vermutlich den toten Körper nicht erst später besiedelt haben.

Mikrobiologische Überwachung erforderlich

Neben dem Treponema-Erreger stieß das Team rund um Studienleiter Albert Zink – Leiter des EURAC-Instituts für Mumien und den Iceman – in der Ötziprobe auch auf Clostridien-Bakterien, die zurzeit in einer Art Starrzustand sind, aber unter Luftabschluss hochwachsen und Gewebe abbauen könnten. Diese Entdeckung könnte für die zukünftige Konservierung der weltberühmten Mumie eine entscheidende Rolle spielen.

"Dieser Befund macht deutlich, dass im Falle einer Veränderung der Konservierungsbedingungen der Gletschermumie, beispielsweise durch die Umstellung auf eine bei Kulturgütern üblichen Stickstoffatmosphäre, eine begleitende mikrobiologische Überwachung erforderlich ist", erklären das  ForscherInnenteam, das seine Studien zu den bakteriellen Einflüssen auf die Konservierungsbedingungen des Mannes aus dem Eis noch vertiefen wird.


Den Artikel finden Sie unter:

http://medienportal.univie.ac.at/uniview/forschung/detailansicht/artikel/oetzis-nichtmenschliche-dna-analysiert-1/

Quelle: Universität Wien (07/2014)


Publikation:
Das Paper "Metagenomic Analysis Reveals Presence of Treponema denticola in a Tissue Biopsy of the Iceman" (AutorInnen: Frank Maixner, Anton Thomma, Giovanna Cipollini, Stefanie Widder, Thomas Rattei, Albert Zink) erschien am 18 Juni 2014 in "PLOS ONE".

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.