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Dienstag, den 03. Februar 2015 um 14:12 Uhr

Methode zum Abtasten biologischer Zellen

Ein vollkommen neuer Ansatz von Wissenschaftlern der Technischen Universität (TU) Dresden zur mechanischen Charakterisierung von Zellen hat das Potenzial, die Diagnostik von Krankheiten zu revolutionieren. Wie jedes Material haben auch biologische Zellen mechanische Eigenschaften, anhand derer sie charakterisiert werden können. Beispielsweise sind Krebszellen leichter verformbar als gesunde Zellen. Diese Eigenschaften lassen sich ohne spezielle Vorbereitung der Zellen ertasten und sind damit besonders interessant für die Diagnostik und Prognostik in der Medizin. Allerdings gab es bisher keine Methode, mit der eine ausreichende Anzahl an Zellen in kurzer Zeit mechanisch vermessen werden konnte. Wissenschaftlern der TU Dresden ist es jetzt gelungen, eine Technologie zu entwickeln, die dieses Problem löst und es erstmals erlaubt, bisher offene Fragen der Biologie, Physik, Chemie und Medizin zu beantworten. Die Methode wird am 3. Februar 2015 in der international renommierten Fachzeitschrift Nature Methods veröffentlicht (DOI: 10.1038/nmeth.3281).
Die zerstörungsfreie, mechanische Charakterisierung einzelner biologischer Zellen ist allein schon wegen ihrer Größe von wenigen hundertstel Millimetern eine Herausforderung. Zurzeit existierende Methoden sind aufgrund ihres technischen Aufwandes, der komplexen Bedienung und starken Limitierungen bei Zellzahlen und Geschwindigkeiten auf Anwendungen in der Grundlagenforschung beschränkt. In der Arbeitsgruppe um Professor Jochen Guck am Biotechnologischen Zentrum der TU Dresden (BIOTEC) wurde nun eine innovative Technologie entwickelt, die diese Probleme überwindet. Mittels „real-time deformability cytometry“ (RT-DC) ist es jetzt möglich, die mechanischen Eigenschaften von mehreren hundert Zellen pro Sekunde in Echtzeit zu vermessen – nicht zwei- oder dreimal, sondern 10000-mal schneller als herkömmliche Technologien.
In der aktuellen Ausgabe von Nature Methods zeigen die Forscher unter anderem, dass mit RT-DC aus einem Tropfen Blut innerhalb weniger Minuten eine Übersicht der mechanischen Eigenschaften aller Blutzellen erstellt werden kann. Der hohe Durchsatz von Zellen ermöglicht die Analyse und Identifikation selbst kleinster Mengen der unterschiedlichen Blutzelltypen. So kann man beispielsweise weiße Blutzellen, von denen nur eine in tausend anderen Zellen im Blut vorkommt, in ausreichender Menge vermessen und damit ein mechanisches Blutbild erzeugen. Da weiße Blutzellen den wichtigsten Bestandteil unseres Immunsystems bilden, könnten Veränderungen in den mechanischen Eigenschaften zukünftig von Medizinern in der Diagnostik verwendet werden, um viel früher und deutlich einfacher Aussagen über den Gesundheitszustand von Patienten zu treffen.
Die Entwicklung dieses schnellen Verfahrens zur Bestimmung der mechanischen Eigenschaften von Zellen hat bereits heute einen großen lokalen, nationalen und europäischen Stellenwert. So wurde die ihr zugrundeliegende Diplomarbeit von Philipp Rosendahl kürzlich als herausragende Abschlussarbeit der TU Dresden mit dem Georg-Helm-Preis ausgezeichnet. Preise und Auszeichnungen der Deutschen Gesellschaft für Zytometrie für wertvolle Forschungsarbeit oder des Innovationsförderprojektes CrossClusterCooperation-Saxony, sowie zahlreiche Forschungskooperationen dokumentieren die begeisterte Aufnahme von RT-DC in Wissenschaft und Industrie. Das wirtschaftliche Potenzial der Technologie wurde schon auf europäischer Ebene evaluiert; seit 2014 steht dem Team eine „Proof-of-concept“-Förderung des European Research Council zur Verfügung, welche die Kommerzialisierung der Technologie ermöglicht. Auch der Freistaat Sachsen erkannte frühzeitig die Bedeutung und unterstützte das Projekt mit einer Förderung zur konkreten Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Anwendung im Bereich Biotechnologie und Lebenswissenschaften.
Als nächstes wird die Technologie über die sich in der Gründungsphase befindende Start-up-Firma „ZellMechanik Dresden“ zunächst einem weiten Kreis von universitären und industriellen Forschungseinrichtungen zugänglich gemacht. Langfristig wird daran gearbeitet, ein eigenes Diagnosegerät zu entwickeln und auf den Markt zu bringen.


Den Artkel finden Sie unter:

http://tu-dresden.de/aktuelles/news/zellmessung

Quelle: Technische Universität Dresden (02/2015)


Publikation:
DOI 10.1038/nmeth.3281

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