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Donnerstag, den 03. September 2015 um 05:14 Uhr

Biofabrikation von künstlichen Blutgefäßen mit Laserlicht

Mit der Entwicklung eines künstlichen, durchbluteten dreilagigen Hautmodells stößt das EU-Forschungsprojekt ArtiVasc 3D in eine neue Dimension vor. Ein interdisziplinäres Forscherteam unter Führung des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT entwickelte ein 3D-Druckverfahren zu Herstellung von künstlichen verzweigten Blutgefäßen aus neuartigen Materialen. Damit schufen sie die Grundlagen, um ein Vollhautmodel in weit größeren Schichtdicken als bisher zu kultivieren. Auf der Abschlussveranstaltung am Fraunhofer ILT vom 28. bis 29. Oktober 2015 stellen die ArtiVasc 3D-Forscher ihre Ergebnisse detailliert vor.

Bisher ist es nur möglich, die oberen Schichten der Haut, Epidermis und Dermis mit einer Gesamtdicke von bis zu 200 Mikrometern außerhalb des menschlichen Körpers zu kultivieren. Zu einem vollständigen Hautsystem gehört aber auch die mehrere Millimeter dicke Subcutis. Will man die Subcutis mitzüchten, sind versorgende Blutgefäße zwingend notwendig. Denn für Zellverbände von über 200 Mikrometer Schichtdicke gilt: ohne Blut kein Leben. Genau hier setzt das europäische Forschungsprojekt ArtiVasc 3D an, das sich zum Ziel gesetzt hat, durch die Entwicklung künstlicher Blutgefäße die in vitro Kultivierung deutlich komplexerer Gewebe zu ermöglichen.

Das richtige Material in der richtigen Form

Eine der größten Herausforderungen im Projekt ArtiVasc 3D war es, das richtige Material für die Herstellung der künstlichen Blutgefäße zu entwickeln. Die richtigen mechanischen Eigenschaften und volle Biokompatibilität sowie die Prozessierbarkeit sind Grundvoraussetzungen für den Einsatz im menschlichen Körper. Denn die künstlichen Gefäße müssen von Endothelzellen und Pericyten besiedelt werden können.

Um diese Eigenschaften zu erzeugen, kombinierten die Fraunhofer-Wissenschaftler die Freiform-Verfahren Inkjet-Printing und Stereo-Lithographie miteinander. Mit diesem Kombi-Verfahren gelang es den Forschern, eine sehr feine Auflösung zum Aufbau verzweigter, poröser Blutgefäße mit Schichtdicken von etwa 20 µm zu erreichen. Die Daten für den Aufbau dieser verzweigten Strukturen wurden mit Hilfe mathematischer Simulationen erarbeitet. Sie sollen die Voraussetzungen für den Aufbau von verzweigter Strukturen schaffen, die eine gleichmäßige Blutversorgung erlauben. Die Verwendung des im Projekt entwickelten akrylatbasierten synthetischen Polymers ermöglicht den Aufbau dieser optimierten Gefäße mit einem Porendurchmesser der Größenordnung von hundert Mikrometern. Gegenüber herkömmlichen Verfahren bietet das ArtiVasc 3D-Verfahren erstmalig die Rahmenbedingungen, kontrolliert verzweigte und biokompatible Gefäße in dieser Dimension herzustellen.

Vorstoß in die dritte Dimension

Die Ergebnisse von ArtiVasc 3D sind zukunftsweisend. Es wurde eine Toolbox entwickelt, die flexibel auf unterschiedlichste Materialien, Geometrien und Größen eingehen kann. Diese Ergebnisse können als Vorstufe betrachtet werden zu einer vollautomatisierten Prozesskette für die Herstellung künstlicher Blutgefäße, die sich auch in bestehende Linien integrieren lässt. Weiteres Highlight des Projekts ist die erfolgreiche Züchtung von Fettgewebe in einem neuartigen Bioreaktor. Die Kombination des Fettgewebes mit einem bestehenden Hautmodell erlaubt die Herstellung eines Vollhautmodells mit einer Dicke von bis zu 12 Millimetern.

Die erfolgreiche Eroberung der dritten Dimension muss nicht auf Haut beschränkt bleiben. Im ArtiVasc 3D-Projekt wurden die Grundlagen für das dreidimensionale Tissue Engineering geschaffen. Das Prinzip der Durchblutung mittels artifizieller Blutgefäße könnte in Zukunft auch den Aufbau größerer Strukturen wie ganzen Organen ermöglichen. Für in vitro gezüchtete Vollhaut gäbe es vielfältige Anwendungen: schnelle Hilfe bei großflächigen Hautverletzungen wie Verbrennungen oder nach Tumorresektionen sowie als Ersatzmodell zur Vermeidung von Tierversuchen in der Pharmaindustrie.

Erfolg nur im Verbund

Nicht nur die Blutgefäße als solche, sondern auch die Technologie, die für eine vollautomatisierte Züchtung des gesamten Hautsystems erforderlich ist, sollte innerhalb der vierjährigen Projektlaufzeit entwickelt werden. Diese äußerst ambitionierte Herausforderung konnte nur im interdisziplinären Verbund erreicht werden. Europaweit haben sich dafür zwanzig Partner der Fachrichtungen Biomaterial-Entwicklung, Tissue Engineering, Freiform-Verfahren, Automation und Simulation unter der Führung des Fraunhofer ILT zusammengeschlossen.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.ilt.fraunhofer.de/de/publikationen-und-presse/pressemitteilungen/pm2015/pressemitteilung-28-08-2015.html

Quelle: Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT (08/2015)

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